Museo Comunale d'Arte Moderna

13. August - 30. Dezember 2011

Im verzauberten Garten von Richard Seewald
Sein Werk - Seine Sammlung - Seine Gäste heute

SEIN WERK

Richard Seewald (1889- 1976) lebte zwischen den Zeiten - und zwischen ihren Stilen. Er blieb von zwei Weltkriegen verschont und nutzte die Zwischenkriegszeit zur Ausgestaltung seines malerischen, zeichnerischen und literarischen Werks. Vorher erlebte der in Ostpommern geborene Bürgersohn eine turbulente, ja revolutionäre Jugend im Umkreis der Münchner Sezessionisten und späteren Dadaisten, nachher entstand sein christlich-religiös geprägtes Spätwerk. Zwei Mal hatte er für längere Zeit eine Professur inne, zuerst an der Kölner Werkschule (1924-1931), dann nochmals an der Münchner Akademie (1954-1958). Das erste Mal besuchte er seine zukünftige Wahlheimat Ascona im Tessin im Jahr 1910, und auch als der Erste Weltkrieg ausbrach, war er als Künstler unterwegs. Das zweite Mal rettete ihn das Schweizer Bürgerrecht, das ihm rechtzeitig im Oktober 1939 verliehen wurde, nachdem er 1931 definitiv ins Tessin nach Ronco übersiedelt war. So konnte er seine kurz nach dem Tod verlegte Autobiographie problemlos "žDie Zeit befiehlt's - wir sind ihr untertan"(1977) betiteln, und seine Tessin-Eloge 1942 mitten im Krieg mit "Gestehe, dass ich glücklich bin". Der Verfechter der Tradition und "žGrenzen des Abendlandes", der "žGrieche" Richard Seewald schuf sich seinen Zaubergarten, als die Welt wieder in den Abgrund stürzte. Ein Zaubergarten aus Kunst. Zuerst von Franz von Stuck fasziniert, wendete er sich einem französisch inspirierten, flächigen Illustrationsstil zu, der auch vor politisch plakativen Botschaften nicht zurückschreckte. Er traf auf Marianne von Werefkin, auf Alfred Klabund und Hugo Ball, hatte bereits 1911seine erste Einzelausstellung in der renommierten Galerie Thannhauser in München, er verkehrte im Kreis von Herwarth Waldens "žSturm" und wendete sich selber dem Expressionismus zu. Der eilenden Zeit gemäss, wandelte sich seine Malerei formal ab 1925 zu einer moderaten Neuen Sachlichkeit und motivisch zu Landschaft und Portrait. Jetzt entstanden seine wohl ausdrucksstärksten und eigenständigsten Werke, die auch dem Prädikat "žMagischer Realismus" genügen. Mit ihnen sichert sich Richard Seewald den Rang eines deutschen Künstlers "žausserhalb der Moden und Zeitströme", der in Köln und Ronco ein Werk schuf, das sich ganz aus der individuellen Anschauung und euphorischer Begeisterung, aber auch aus dunkler Melancholie nährt, und das die kulturelle Blüte wie den Niedergang des deutschen Bildungsbürgertums spiegelt. Nur auf der Tessiner Insel, nur im Zaubergarten von Ronco konnte es überleben, und als auch der zweite grosse Krieg zu Ende war, verpufften das gepriesene Abendland und der Katholizismus des Richard Seewald im Niemandsland.

Guido Magnaguagno

SEINE SAMMLUNG

Zum generösen Lebensstil des Künstlers passt, dass er noch zu Lebzeiten sein Erbe der "žStiftung Richard und Uli Seewald"ž übertrug - Uli, seine über alles geliebte Frau, die ihn ein Leben lang begleitete. Damit kamen auch Werke von Paul Klee, Franz Marc, Maurice Utrillo, Alfred Kubin, Max Beckmann, Georg Kars und Karl Schmidt-Rotluff in die Sammlung des Museums von Ascona, wo sie mit jenen Marianne von Werefkins den Grundstock der Sammlung bilden. Die Stiftung selber beherbergt indessen seit Jahrzehnten bildende Künstler, Schriftsteller und Musiker, deren Arbeitsproben pars pro toto gleichfalls in unserer Ausstellung präsent sind. So erweisen Künstler unserer Gegenwart wie Maja Andrey, Volker Erlbruch, Simone Torelli, Martina Kalchofner, Christoph Drexler, Klaus Hilgendag, Meide Büdel, Dieter Bachmann, Ronald Stevenson dem Stifter Richard Seewald, der sein Vermächtnis weit über seine eigene Zeit rettete, eine würdige Referenz.

Guido Magnaguagno

SEINE GÄSTE HEUTE

Im verwunschenen Garten der Richard und Uli Seewald-Stiftung in Ronco sopra Ascona inspirieren sich seit fünfunddreissig Jahren Künstlerinnen und Künstler. Wohnhaus und Atelier liegen in splendid isolation mit weiter Sicht über den Lago Maggiore. Wer sich hier für Wochen oder Monate zurückzieht, begibt sich in eine paradiesische Welt, zu der auch das zauberhafte Badehäuschen am See gehört, wo nur der Wellenschlag und das Kreischen der Möven zu vernehmen sind. Die Einladung an diesem Ort zu arbeiten geht nicht nur an bildende Künstlerinnen und Künstler. Hier wird auch geschrieben und komponiert. Entwürfe entstehen. Vielleicht, wie es sich Uli und Richard Seewald mit der nach ihnen benannten Stiftung vorgestellt und gewünscht haben und wie es diese Ausstellung durch eine kleine Auswahl der Gäste und ihrer Arbeiten dokumentieren möchte.

Tina Stolz

Vernissage

Freitag, den 12. August, um 18.00 Uhr

Plakat

Sitz

Museo Comunale d'Arte Moderna, Ascona

Künstler

Maja Andrey

geboren im Jahre 1947, besucht von 1995 bis 1996 die Hochschule für
Gestaltung in Zürich, und das Jahr danach die F+F (Form und Farbe) Schule für experimentelle Gestaltung; von 1997 bis 2007 studiert sie am Creative Art Forum der Kunstschule und Akademie in Lenzburg. Maja Andrey bewegt sich auf verschiedenen künstlerischen Ebenen, von der Malerei zur plastischen Installation. Die Künstlerin hatte schon die Möglichkeit in der Schweiz sowie im Ausland auszustellen; zu ihrer Arbeit gibt es ausserdem verschieden Publikationen. 2005-07 hat Sie an Kurse der Sommerakademie Dresden und an der Hochschule für Gestaltung in Zürich teilgenommen. Um 2008 war sie zu Gast bei der Stiftung Richard und Uli Seewald in Ronco s. Ascona. Sie lebt in Tuttwil (TG) und arbeitet dort im eigenen Atelier.

Dieter Bachmann

geboren in Basel im Jahre 1940, Schriftsteller und Journalist, war langjähriger Chefredaktor der kulturellen Zeitschrift "Du". 2000-2003 war er Direktor des Schweizerischen Instituts in Rom. Von 1983 bis 2000 hat er in Arzo, in der Region um Mendrisio, gewohnt, wo er verschiedene Essays über die Kultur, den Arbeitsalltag, die Landstriche und die Problemfelder des Kantons verfasst hat. Hier sind auch seine ersten literarischen Texte zu "žRab", "žDer kürzere Atem" und "žGrimsels Zeit" entstanden. Von Dezember 2010 bis Februar 2011 verbrachte er einen Studienaufenthalt in der Richard und Uli Seewald Stiftung Ronco, wo er das Manuskript zu seinem in Deutschland ausgezeichneten neuen Buch "žUnter Tieren" vollendete.

Meide Büdel

1961 in Bad Mergentheim geboren, hat mit Erfolg an der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg studiert, wo sie verschiedene Auszeichnungen bekommen hat. In Nürnberg lebt und arbeitet sie heute noch. Ab 1988 bewegt sie sich im Bereich der "žUmweltkunst"; im Jahre 1999 ist sie direkt an der Gründung der interdisziplinären Künstlergruppe "žQuerfeld" beteiligt; während sie von 2002 bis 2007 an der Nürnberger Akademie unterrichtet. Zu ihrer Ausstellungstätigkeit gehören verschiedene interdisziplinäre Projekte, sowie viele Einzel- und Gruppenausstellungen in Deutschland. Die Künstlerin hielt sich zwei Mal in der Richard und Uli Seewald Stiftung in Ronco s. Ascona auf, um 1997 und um 2010.

Christoph Drexler

1955 in Eichstätt geboren, lebt und arbeitet in München. Zwischen 1977 und 1983 studierte er an der Akademie der Bildenden Künste in München. Ab 1982 ist er Mitglied der Münchener Secession. Schon während den Bildungsjahren erhielt er verschiedene Stipendien, u.a. von der Stadt München und vom Freistaat Bayern. Weitere Anerkennung erhielt er mit Förderpreisen und Förderankäufen. 2002 wurde ihm der Nymphenburger Kunstpreis für Malerei verliehen. Mit Einzel- und Gemeinschafts- ausstellungen ist er regelmäßig präsent. Einige seiner Arbeiten befinden sich in öffentlichen Sammlungen, u.a. in der Sammlung des Deutschen Bundestages, Berlin, im Bayerischen Wirtschaftsministerium und in den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen.

Volker Erlbruch

1945 in Heggen geboren, hat in Göttingen, Marburg und Freiburg Soziologie, Jura und Psychologie studiert. Er arbeitete im Bereich der Soziologie und der Medizin, zuerst an der Universität Freiburg und später für das Ministerium für Gesundheit in Rheinland-Pfalz. Ab 1986 erhält er einen Lehrauftrag an der Fachhochschule für Kommunikationsdesign in Wiesbaden. Durch seine Fotografien, die Handabzüge, erschient die weitlaufende kulturelle und wissenschaftliche Welt in welcher sich der Künstler bewegt. Ein schwerer Radsportunfall, bringt ihn 1996 dazu sich nur noch der Malerei zu widmen. Von 1999 bis 2004 hat er ein Atelier in Basel; in 2010 hält er sich in Ronco s. Ascona, bei der Richard und Uli Seewald Stiftung, auf. Gegenwärtig lebt er in Schwelm, NRW.

Klaus Hilgendag

1948 in Braunschweig geboren, hat sich als Autodidakt der Malerei und der Graphik genähert, was ihm verschiedene Anerkennungen eingebracht hat, und ihm die Möglichkeit gegeben hat in verschiedenen Galerien auszustellen. Zahlreich sind in Deutschland auch die Gruppenausstellungen bei welchen er mitgewirkt hat; aber auch im Aussland, z.B. 1997 in Wien oder 2007 in Venedig mit der Münchener Secession, von welcher er seit 1986 Mitglied ist. 2010 war er zu Gast bei der Richard und Uli Seewald Stiftung in Ronco s. Ascona. Gegenwärtig lebt und arbeitet er in München.

Martina Kalchofner

1957 in Lachen (SZ) geboren; studierte 1984-86 in Dänemark an der Grafisk Skole Arhus, wonach sie in die Schweiz zurückkehrt um an der HGK in Basel zu studieren. Zwischen 1990 und 1993 bildet sie sich als Therapeutin am Institut für Kunsttherapie von Kerteminde (Dänemark), und zwischen 2004 und 2008 als Psychologin an der ZAHW in Zürich. M. Kalchofner arbeitet im therapeutisch-künstlerischen Feld, was auch zum Verständnis ihrer Kunst beiträgt. Regelmässig nimmt sie an Gruppenausstellungen teil und hat auch schon verschiedene Einzelausstellungen hinter sich. 2010 hat sie bei der Richard und Uli Seewald Stiftung in Ronco s. Ascona verweilt. Gegenwärtig lebt und arbeitet sie in Vitznau (LU).

Ronald Stevenson

1928 in Blackburn (Lancashire) geboren. 1945 erhält er ein Stipendium des Royal Northern College of Music in Manchester, wo er die Studien cum laude vollendet. Später besucht er den Conservatorio di Santa Cecilia in Rom; und von 1963 bis 1965 studiert er Kompositionslehre an der Universität Kapstadt. Stevenson ist heute ein international berühmter Komponist, seine Konzerte wurden schon auf der ganzen Welt aufgeführt und er selbst tritt oft als Pianist auf. Er ist ausserdem Ehrenprofessor des Konservatoriums von Shanghai und der Juliard School in New York. Sein Aufenthalt bei der Richard und Uli Seewald Stiftung geht auf das Jahr 1992 zurück.

Simone Torelli

1967 in Genf geboren, bildete sich als Graphikerin an der Schule für Gestaltung von Luzern, wo sie 1988 ihr Diplom erhält. 1990 absolvierte sie ein Praktikum für Druckstoffentwurf in St. Gallen. Darauf folgen verschiedene Arbeiten im Bereich der Graphik, mit unterschiedlichen Anwendungen, z.B. in Theater, Museen, Textilateliers in Luzern und Zug. Ab 1997 arbeitet sie als Freelancer an verschiedenen Projekten und Recherchen, die ihr die Gelegenheit geben Aspekte im Gebiet der Graphik, des Designs, der Illustrierung und der Kommunikation zu vertiefen (z.B. Arbeiten für UBS, Credit Suisse, Unicef, Annabelle). 2008 war sie zu Gast bei der Richard und Uli Seewald Stiftung.

Werke

Richard Seewald (1889-1976) | Der träumende Knabe | 1923 | Öl auf Leinwand | 85 x 110 cm | Richard und Uli Seewald Stiftung

Richard Seewald (1889-1976) | Drei rote Badende auf Arbe | 1912 | Öl auf Leinwand | 50 x 70 cm | Richard und Uli Seewald Stiftung

Richard Seewald (1889-1976) | Giesserei | 1912 | Öl auf Leinwand | 59 x 70 cm | Richard und Uli Seewald Stiftung

Maurice Utrillo (1883-1955) | Rue du Chevalier de la Barre | 1910-12 | Öl auf Pavatex | 52 x 71 cm | Richard und Uli Seewald Stiftung

Franz Marc (1880-1916) | Reh | 1914 | Tusche auf Papier | 47 x 40 cm | Richard und Uli Seewald Stiftung

Volker Erlbruch (D) | Musik | 1978 | Fotografie s/w (Handabdruck) | 15 x 20 cm | Besitz des Künstlers

Simone Torelli (CH) | Sentiment. Six | 2008 | Buntstift und Ölpastell auf Papier | 21 x 30 cm | Besitz des Künstlers

Christoph Drexler (D) | Vier Häuser am Meer | 2009 | Öl auf Leinwand | 70 x 110 cm | Besitz des Künstlers

Klaus Hilgendag (D) | aus der Serie Ronco | 2010 | Buntstift auf Papier | 24 x 17 cm | Besitz des Künstlers

Maja Andrey (CH) | Cellula, Dickicht | 2009 | Edelstahldraht | 150 x 100 x 100 cm | Besitz des Künstlers

Martina Kalchofner (CH) | Floating Stones | 2010 | Frottage (Buntstift auf Papier) | 70 x 100 cm | Besitz des Künstlers

Meide Büdel (D) | Fotos von der Restaurierung der Kirche von Naila und Projekt für Fenster | 2007/2011 | Stahl, antikes geblasenes Glas, Modellierpaste | 67 x 17.5 cm (Massstab 1:20) | Besitz des Künstlers

Aus der Vitrine, die dem Komponisten Ronald Stevenson gewidmet ist

Aus der Vitrine, die dem Schriftsteller und Journalisten Dieter Bachmann gewidmet ist